ich musste viel dazu lernen #10

 

 

Liebe Ich,

 

Es gibt Zeiten, in denen das Leben nur noch aus Weiteratmen besteht.

Du tust, was getan werden muss, hältst durch, funktionierst.

Erst viel später erkennst du, wie viel du in dieser Zeit begreifen musstest, nicht weil du wolltest, sondern weil es keine andere Wahl gab. 

 

Du erinnerst dich nicht mehr an alles, an deine Gedanken von damals.

Ehrlich gesagt, sie verschwimmen.

Aber du weißt noch, dass du irgendwie weiter atmen musstest.

Weiter funktionieren.

Weiter lächeln.

Nach außen gefasst wirken., auch wenn innen in dir alles in Trümmern lag.

 

Du hast begonnen, die Fassade nach außen so gut wie möglich zu halten und dabei Irritation ausgelöst. 

Jeden Tag hast du die Briefe geöffnet, sie sofort bearbeitet, aus Angst, dass euch, den Kindern und dir, sonst etwas passieren könnte.

 

Du hast traurigen Blicken standgehalten, damit du dich niemanden zumutest. 

 

Mit der Zeit hast du gespürt, dass andere schon vorgefertigte Meinungen hatten. Und du hast erlebt, wie dir der Rücken zugewandt wurde. 

Du musstest auch verstehen lernen, dass nicht nur du einen geliebten Menschen verloren hast, auch wenn du mit der Schwere im Raum zurückbliebst. 

Du hast gelernt, dir selbst und anderen mit mehr Mitgefühl zu begegnen. Zu akzeptieren, dass keiner wirklich weiß wie man mit Trauer und Verlust umgeht.

 

Und irgendwann konntest du sehen, wie viele Menschen damit allein sind und alle versuchen, ihre Fassade aufrechtzuerhalten. 

 

Am Ende hast du verstanden: Wir alle haben eines gemeinsam.

Wir haben nie gelernt zu sagen:

 

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll"? 

 

Und doch wäre genau das genug, um die anschließende Stille einen kurzen Moment gemeinsam zu halten. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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