
Liebe Ich,
ich habe mein Umfeld unbewußt miterschaffen und dabei mich selbst verloren.
Ich habe Menschen in mein Leben eingeladen, mich Ihnen sogar tief verbunden gefühlt, weil ich glaubte, sie tun mir gut. Ich habe mich nach Nähe gesehnt, nach einem Gefühl von Sicherheit, nach einem Ort, an dem ich einfach sein darf.
Doch viele dieser Verbindungen haben etwas anderes in mir berührt: alte Wunden, die längst verschlossen schienen, fingen wieder an zu bluten. Es war, als hätten diese Menschen mir unbewusst bestätigt, was ich schon immer über mich dachte: ZU LAUT, ZU KOMPLIZIERT, ZU VIEL, NICHT GENUG, ZU EMPFINDLICH, ZU DUMM.
Ein wirkliches Wachsen war kaum möglich. Nur Überleben. Nur Funktionieren. Und wenn ich mich aus einer dieser Beziehungen befreite, fand ich mich oft im nächsten Kreis wieder, mit neuen Gesichtern, aber denselben Mustern.
Und so kämpfte ich weiter. Um mich selbst. Um meinen Platz. Um mein Recht, echt sein zu dürfen.
Meine Trauer, sei es durch Verlust von Menschen oder durch Lebenskrisen, hat meine Denkweise, meine Entscheidungen, mein Vermeiden und mein Verdrängen geprägt. Lange habe ich nicht gesehen, wie tief Muster und Bindungsschwächen aus der Kindheit in mir verwurzelt waren. Es war wie ein blinder Fleck.
Heute sehe ich mehr. Und ja, es tut weh. Denn mit der Erkenntnis kommt auch die Ohnmacht: Ich kann das Vergangene nicht ändern. Ich kann nichts ungeschehen machen. Aber ich kann die Last akzeptieren, die Schuld, die ich mir selbst so lange eingeredete mit Mitgefühl begegnen.
Ich erkenne heute: Es lag nicht an mir. Es lag an den Geschichten, die mir erzählt wurden über mich und die ich mir selbst erzählte.
Jetzt schreibe ich meine eigene Geschichte. Langsam. Ehrlich. Und ohne Angst.
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